Gedenkstein für Isbert Feuerstein


Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27.01.2004 wurde auf dem Schulhof des Petrinum der Gedenkstein für Isbert Feuerstein enthüllt. Dieser Stein wurde von einer ehemaligen Schülerin, Sibylle Bergmann, geb. Böker, gefertigt nach einem Entwurf von Janet Daniel, Angelina Kraudelt, Joana Papageorgiou und Rayda Rafail, Schülerinnen der 10b (2003/2004), die dieses Projekt begleitet hat.

 

 Schülerlesung am 27. Januar 2012 an der Gedenktafel

Der am 27. Januar 2004 enthüllte Gedenkstein am jetzigen Mensagebäude des Gymnasium Petrinum erinnert an den letzten jüdischen Schüler, der 1938 die Schule verlassen musste: Als Isbert Feuerstein (geb. 17.1.1924 in Herten) Ostern 1934 in der Sexta eingeschult wurde, waren es mit Hans Aris (Abitur 1935, 1939 mit der Familie emigriert nach Shanghai) und Walter Schönholz (emigriert mit der Familie nach Palästina 1937) noch drei. Als einzig verbliebener jüdischer Schüler ab Ostern 1937 litt Isbert unter den antisemitischen Maßnahmen des Regimes – so war er inzwischen vom Schwimmunterricht ausgeschlossen, da die Badeanstalt für Juden gesperrt war - und an der ideologisch geprägten Ausgrenzungsstrategie des nach der Amtsenthebung von Dr. Wilhelm Hülsen 1934 am Gymnasium Petrinum neu eingesetzten Schulleiters Wenner. Der setzte auch seine Lehrerschaft so massiv unter Druck, dass Isbert Feuerstein am 22. Juli 1938 das Gymnasium verließ.Am 20. Oktober 1938 verzeichnet das Einwohnermeldeamt seinen Umzug nach Köln.

Familie Feuerstein war zum Zeitpunkt der Einschulung von Herten nach Recklinghausen zur Herner Str. 7b umgezogen. Jakob Feuerstein (geb. 5.2.1888) und Frau Berta (geb. 1893), geb. Glattstein stammten aus Perehinsko im Dolina Distrikt der Provinz Stanislawow in Galizien. Dort schrieb Yaakov Foiershtein seinen Namen in Jiddisch, der aus dem Mittelhochdeutschen des 11. Jh. hervorgegangenen Umgangssprache in den jüdisch geprägten Kleinstädten Osteuropas. Nach dem Zusammenbruch der Vielvölkermonarchie Österreich-Ungarn 1918 war Galizien Teil des neu entstandenen Polen geworden.

Das Ehepaar hatte 1920 zunächst ein kleines „Konfektionsgeschäft“ an der Marktstraße 18 in Herten eröffnet, das 1930-32 an drei Standorten in der Ewaldstraße 18, 25 und 6, ab 1933 wieder an der Marktstr. 18 und zuletzt 1.3.1934 bis 9.4.1935 wieder an der Ewaldstr. 11 in Herten gemeldet war. In Recklinghausen eröffneten sie zunächst ein kleines Geschäft an der Steinstraße 4 im Schuhgeschäft Scheffer, ehe das Geschäft zur Herner Str. 7b verlegt wurde.

In der Pogromnacht wurde das Geschäft zertrümmert, „die Puppen und Stoffe lagen auf der Straße“ und auch in der Privatwohnung sahen Passanten „zerstörte Fensterscheiben“. In den nächsten Tagen wurde es am 10.12.1938 „von Amts wegen gelöscht“ und wird deshalb am 12.12.1938 unter dem RZ-Titel „Kein Judenladen mehr!“ letztmalig erwähnt.

Danach waren die wirtschaftliche Existenz der Familie und die schulische Zukunft der Söhne – Bruder Helmut (geb. 1928) hatte als Folge der Gesetzgebung nach dem Pogrom die Ober-Realschule verlassen müssen - zerstört. Zudem wurde die Familie nun von der deutschen Ausweisungsaktion von Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit erfasst, die im Oktober 1938 begonnen hat.Die Abmeldung der Eltern und des 11jährigen Helmut „nach Polen“ wird am 29. Juli 1939 amtlich registriert. Vermutlich zog Isbert mit, denn die Listen des Lagers Zbaszyn (Bentschen) im deutsch-polnischen Grenzgebiet verzeichnen die Brüder unter den Nummern 656 und 657.

Mit dem militärischen Überfall auf Polen am 1.9.1939 überzogen auch die Terrorgruppen des NS-Regimes das Land. Zu den ersten Opfern gehörte auch die nach Warschau verzogene Familie Feuerstein; der östliche Teil Polens mit Galizien war von sowjetischen Truppen besetzt. „The Central Database of Shoah Victims` Names“, das Opfer-Verzeichnis des Jerusalemer Gedenkzentrums Yad Vashem verzeichnet Berta, Jakob, Isbert und Helmut Feuerstein als Opfer des Holocaust. Nur für Frau Feuerstein können Todesort und -zeitpunkt angegeben werden: 1940 in Warschau.

@Georg Möllers