Warum noch Fremdsprachenunterricht? Rückblick auf den Vortrag von Prof. Dr. Schmelter im Rahmen des Studium Generale Petrinianum

09. Jan 2024 Zurück zu Aktuelles

Warum noch Fremdsprachenunterricht? Wozu überhaupt noch Fremdsprachen lernen? Es gibt doch KI! Welche Möglichkeiten, Grenzen und Herausforderungen aber bieten neue KI-Tools tatsächlich für das Lernen von Fremdsprachen, für Multilingualität und Multikulturalität, für den Erwerb interkultereller und intersprachlicher Kompetenzen?

Am 15. November 2023 referierte Prof. Dr. Lars Schmelter von der Bergischen Universität Wuppertal im Rahmen des Studiums Generale Petrinianum und hielt einen Vortrag, in welchem er die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von KI in Zusammenhang mit Sprache und Kommunikation ansprach.

Der Vortrag umfasste eine Vielzahl von Themen, darunter die Vielfalt von Programmen, die es heute im Bereich von Fremdsprachen gibt. Digitale Wörterbücher, Rechtschreibhilfen oder auch Programme, wie "Sayhi”. „Sayhi“ zum Beispiel übersetzt Gespräche und sei vor allem momentan an Grundschulen sehr hilfreich bei der Kommunikation zwischen deutschen und ukrainischen Kindern, so Prof. Dr. Schmelter.  Doch die zentrale Frage, die sich als roter Faden durch den Vortrag zog, war: Welche fremdsprachlichen Lernziele der Schulen können mit digitalen Tools, aber ohne Lernen erreicht werden?

Eine umfassende Analyse der Bildungsstandards in Deutschland und der Schweiz ergab, dass einige Lernziele in der Sekundarstufe 1 mithilfe von kostenlosen digitalen Tools abgedeckt werden können. Die einzige Ausnahme bildete hier die Mündlichkeit. Die spontane Interaktion zwischen Menschen ist immer noch eine große Hürde, welche die Technik bisher nicht zu überwinden weiß.

Prof. Dr. Schmelter zog einen interessanten Vergleich zwischen menschlicher und maschineller Texterstellung. Demnach können Menschen basierend auf wenigen Informationen unendlich viele neue Inhalte erzeugen, während KIs, wie ChatGPT und DeepL, ein Muster aus Informationen reproduzieren, ohne dabei ein tiefgründigeres Verständnis für die Aufgabe zu entwickeln. 

Während des Vortrags wurde manifest, welches Potenzial digitale Tools für die Kommunikation zwischen Menschen mit sich bringen. Sie bringen aber auch Schwierigkeiten in der Übersetzung mit sich, die vor allem durch kulturelle Unterschiede, Ironie, Wörter mit unterschiedlichen Bedeutungen und Redewendungen entstehen. 

In Zuge dessen wurde darauf aufmerksam gemacht, dass man digitale Tools, wie KIs, nur nutzen sollte, wenn man sich seiner eigenen Kompetenzen bewusst sei und das Ergebnis der digitalen Tools selber auf Richtigkeit überprüfen können. Ansonsten sollte man einfach kenntlich machen, dass zum Beispiel eine übersetzte Textnachricht mit einer KI erzeugt wurde.

Zum Schluss betonte Prof. Dr. Schmelter, dass der Fremdsprachenunterricht trotz technischer Fortschritte weiter eine wichtige und unverzichtbare Rolle im Schulalltag spielen werde. So werde sichergestellt, dass Schülerinnen und Schüler ein mündiges, sprachlich vielfältiges und kulturell angemessenes Handeln in der Gesellschaft entwickeln können.

Der Vortrag verschaffte uns einen guten Einblick hinsichtlich der Debatte über den Einsatz von KIs im Fremdsprachenunterricht, und es bleibt weiterhin spannend zu beobachten, wie sich digitale Tools weiter in den Schulalltag einbauen und integrieren lassen.

Lars Schmelter wurde in Recklinghausen geboren und studierte nach dem Abitur am Theodor-Heuss-Gymnasium Französisch und Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Dort promovierte er im Fach Sprachlehrforschung. Nach einer Tätigkeit als DAAD-Lektor in Frankreich war er Juniorprofessor im Europalehramt der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Seit 2007 hat er die Professur für Französisch und seine Didaktik an der Bergischen Universität Wuppertal inne. Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind u.a. die Mehrsprachigkeitsdidaktik, der bilinguale Unterricht und das Üben von Wortschatz und Grammatik. Von 2015 bis 2021 war Lars Schmelter Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung. Als Experte für das Fach Französisch war er an der Weiterentwicklung der KMK-Bildungsstandards für die Erste Fremdsprache beteiligt.

Von: Isabelle Schneeweis