Noch heute gilt „Dreißigjähriger Krieg“ als Metapher für die Schrecken des Krieges schlechthin, dauerte es doch Jahrzehnte, bis sich Deutschland von den Verwüstungen erholte, die der längste und blutigste Religionskrieg der Geschichte angerichtet hatte. Dabei war, als am 23. Mai 1618 protestantische Adelige die Statthalter des römisch-deutschen Kaisers Ferdinand II. aus den Fenstern der Prager Burg stürzten, kaum abzusehen, was folgen sollte: ein Flächenbrand, der erste „europäische Krieg“.
Davon sprach Prof. Dr. Herfried Münkler, Politikwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin und Autor des Buches „Der Dreißigjährige Krieg. Europäische Katastrophe. Deutsches Trauma 1618-1648“ bei zwei Veranstaltungen im Rathaus und im Gymnasium Petrinun, zu denen die Volkshochschule und der Verein für Orts- und Heimatkunde eingeladen hatten.
Fesselnd erzählte er in der Aula des Petrinum vor Schülerinnen und Schülern aus Grund- und Leistungskursen Geschichte der Oberstufen der vier innerstädtischen Gymnasien vom Schwedenkönig Gustav Adolf und dem Feldherrn Wallenstein, von Kardinälen und Kurfürsten, von den Landsknechten und den durch Krieg und Krankheiten – ein Drittel der Bevölkerung fand den Tod – verheerten Landschaften Deutschlands. Auch die europäische Staatenordnung lag in Trümmern – und doch entstand auf diesen Trümmern eine wegweisende Friedensordnung, mit der eine neue Epoche ihren Ausgang nahm. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges begründete der Westfälische Frieden eine politische Ordnung, in der entweder Krieg oder Frieden herrschte; ein Drittes war völkerrechtlich ausgeschlossen.
Heute erleben wir, wie an den Rändern Europas Konflikte entstanden und noch entstehen, die eben dieses Dritte wieder ermöglichen: Terrorismus, ideologisch begründet, Cyberwar, Drohnenstrategie, Angriffe auf Städte und Zivilbevölkerung. Die dem Dreißigjährigen Krieg folgende Ordnung ist verloren gegangen, und es ist nicht absehbar, wie sie wiederhergestellt werden kann. Insofern, so Münkler, kann uns der Dreißigjährige Krieg, besser als alle späteren Konflikte, die heutigen Kriege verstehen lassen.