Krakau: Stadtgeschichte und jüdisches Leben in Krakau hautnah erleben

29. Jan 2025 Zurück zu Aktuelles

Im Rahmen unser Gedänkstättenfahrt nach Krakau/Auschwitz freuten wir uns nach der etwa zwölfstündigen Busfahrt aus Vlotho und nach einem ersten abendlichen Spaziergang darauf, dass uns an unserem ersten vollen Tag in Krakau Herr Dr. Schlüsselbauer über den Vormittag hinweg bei strahlendem Sonnenschein zunächst durch die Innenstadt Krakaus führte. Als Markenzeichen der Stadt gilt das Wappentier der Drache. Man findet dieses Symbol in etlichen Kirchen und Burgen sowohl als bösen als auch schützenden Symbolträger. Der bekannteste Drache Krakaus ist dargestellt in Form der Statue des Wawel-Drachen, um den sich die Legende rankt, dass er die Königsfamilie bedroht habe und letztlich nur durch die List eines Schusters, welcher die Königstochter heiraten wollte, getötet worden sei – veranschaulicht wurde dies durch ein kleines Impro-Theaterstück unsererseits unter Regie von Herrn Dr. Schüsselbauer.

Im Rücken dieser Statue steht das imposante Schloss Wawel, welches eine über 1000 Jahre alte Geschichte beherbergt. Dort konnten wir die Architektur und Kultur sämtlicher Epochen bestaunen, darunter sowohl die burgeigene Kathedrale aus der Epoche der Gotik als auch den imposanten Innenhof der Festung, welcher als Meisterwerk der Renaissance gilt.

Unser Weg führte uns nun von der einzigartigen Architektur zu der zweitältesten Universität Mitteleuropas, die Jagiellonen-Universität, welche ebenfalls in Krakau beheimatet und ihren Namen auf das zweite polnische Königsgeschlecht nach den Piasten zurückführt. Mit dem „Collegium Maius“, ihrem ältesten Gebäude inmitten der historischen Innenstadt, gilt sie als Top-Adresse für sämtliche Studiengänge und bietet weitaus mehr als nur eine weitreichende Geschichte. Hier verbinden sich Forschen, Lehren und Studieren mit Traditionen und Kultur. Besonders beeindruckend war auch der Innenhof des Collegium Maius, den wir bestaunen durften. Unsere Führung endete im Zentrum der Stadt, dem Marktplatz, welcher sich über etwa 40.000 Quadratmeter erstreckt und somit einer der größten mittelalterlichen Marktplätze ist. Ob eine Kutschfahrt oder ein gemütliches Café direkt im Stadtkern, der Rynek Główny bietet viele Möglichkeiten.

Krakau Marienkirche jued Viertel

Nach einer wohlverdienten Mittgspause, in der viele von uns köstliche Pierogi und andere polnische Spezialitäten probierten, führte unser Weg zunächst zur Marienkrichem, die direkt am Rynek gelegen ist. Diese römisch-katholische Basilika ist ein Wahrzeichen der Stadt Krakau, vor allem der Hochaltar aus der Werkstatt von Veit Stoß ist weltweit bekannt. Nachdem wir gemeinsam das Trompetenspiel des Türmers vernommen hatten, erinnernd an den Mongolenangriff im 13. Jahrhundert, erläuterte uns Herr Dr. Schüsselbauer im Innenraum der Kirche die Architektur und die Besonderheiten des Hochaltars, der die Geheimnisse der Freude Mariens von der Verkündigung bis zur Himmelfahrt abbildet. Die beeindruckende Gestaltung, die Rolle des Menschen und die Frage nach dem Bösen in der Welt und beschäftigte uns eine Weile auf unserem weiteren Spaziergang.

Der „Synagoga Remu“ im jüdischen Viertel im Stadtteil Kazimierz durften wir im Anschluss einen Besuch abstatten. Erläutert wurde uns von Herrn Dr. Schüsselbauer vor Ort, was Tanach, Tora und Talmud für das Judentum bedeuten, ehe wir den nahegelegenen „alten jüdischen Friedhof“ betreten durften. Uns fiel auf, dass die Trauernden statt Blumen Steine auf die Grabsteine legten, das Kaddisch zum Totengedenken am Grabe sprachen und die Gebete auf kleinen Zetteln vor Ort beließen. Sehr bewegend war für uns die Begegnung mit einem älteren Herrn, der eine BVB-Schirmmütze trug und uns am Eingang der Synagoge willkommen geheißen hatte: Ließ uns diese zunächst schmunzeln, erzählte uns der Mann, dass sein Vater einer der „Schindler-Juden“ gewesen sei, der sein Leben dem deutschen Industriellen und seiner Frau Emilie verdanke. So habe er als Nachkomme mittlerweile Verwandtschaft im Ruhrgebiet und jene habe ihm diesen Fußballfanartikel geschenkt. Sehr bewegt verließen wir diesen Ort und wandten uns dem „Platz der Helden des Krakauer Ghettos“ zu, an dem uns erneut die Rettung von mehr als 1000 Jüdinnen und Juden vor Deportation und Ermordung vergegenwärtigt wurde: Im Stadtteil Podgórze gedenkt man der jüdischen Opfer durch eine Stuhl-Installation, bei der 33 Stühle zum einen an Möbel und Gepäck erinnern sollen, die nach der Auflösung des Ghettos auf dem Platz liegengeblieben waren. Zum anderen weisen einige Stühle in ihrer Ausrichtung auf die Fabrik Schindlers hin, in der es Hoffnung auf ein Überleben gab. Noch heute startet hier der Erinnerungsmarsch, der dem letzten Weg der Juden von hier bis zum Lager Płaszów gedenkt.

Vor dem Hintergrund unserer interessanten Besichtigungen und uns nahe gehenden Begegnungen des heutigen Tages kamen wir immer wieder ins Gespräch über unseren morgigen Gedenkstättenbesuch im Konzentrations- und Vernichtunslager Auschwitz.

Von: Franziska Vöcking (Stufe EF), Gesa Sebbel