Corona in Brasilien – Wirtschaft oder Leben retten?

20. Sep 2020 Zurück zu Aktuelles

Janne Gerl und Lillifee Schmitt aus der Eine-Welt-AG nehmen aus Anlass eines offenen Briefes des Dominikaners Frei Betto die aktuelle Corona-Lage in Brasilien in den Blick:

Seit dem Ausbruch des Corona-Virus im Februar 2020 in Brasilien musste das Land und die Bevölkerung viel verkraften.

Aktuell gibt es etwa 4,1 Millionen Fälle, von denen 3,3 Millionen Menschen, die sich mit COVID-19 infiziert hatten, wieder genesen sind. Allerdings gibt es seit Mitte Mai fast jeden zweiten Tag über 1.000 Todesfälle und mit über 125.000 macht die Zahl der gesamten Todesopfer in Brasilien knapp 1/8 der weltweiten Todesfälle aus.

Dass es zu so drastischen Folgen kommen konnte, liegt vor allem an der Regierung des südamerikanischen Landes. In seinem offenen Brief „Völkermord in Brasilien“, der im Juli dieses Jahres auf dem „Misereorblog“ erschienen ist, stellt der brasilianische Theologe und ehemalige Regierungsberater Lula da Silvas, Frei Betto (Foto), die Verantwortungslosigkeit des Präsidenten Jair Bolsonaro und seiner Regierung dar. Es seien keinerlei Maßnahmen ergriffen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu sichern, und jegliches Einhalten der WHO-Richtlinien missachtet worden. Weder wurde sich zu einem Lockdown entschieden, noch wurde Schutzausrüstung, wie Mund-Nasen-Bedeckungen, bereitgestellt. Die Gleichgültigkeit des Präsidenten über die herrschende Situation sei in verschiedenen Äußerungen von ihm deutlich geworden. Unter anderem kommentierte er die Frage, warum sich nicht um Opfer der Pandemie gekümmert würde, mit „Na und? Was soll ich tun?“, als Ende April schon über 5000 Todesfälle bekannt waren. Weiterhin äußerte er, dass es nicht wichtig sei Leben zu retten, sondern die Wirtschaft. Die Autorität der Gesundheitsminister Brasiliens wurde von ihm nicht respektiert und zwei von ihnen wurden entlassen, nachdem sie sich gegen Bolsonaro gerichtet hatten.

Die Verantwortung über die Schutzmaßnahmen wurde von dem obersten Gerichtshof schließlich an Gouverneure und Bürgermeister delegiert, um einen Eingriff in einzelnen Regionen zu ermöglichen. Eine wichtige Rolle spielt laut Frei Betto auch der General Pazuello, mit dessen Hilfe die Regierung versucht, alle Entwicklungen, die das Virus betreffen, vor dem Volk geheim zu halten. Weitere kriminelle Absichten Bolsonaros seien beispielsweise, gesundheitsschwache Menschen sterben zu lassen, um Ressourcen zu sparen. Des Weiteren versuche Bolsonaro, aktiv gegen die Durchsetzung von Schutzmaßnahmen für das Volk vorzugehen, indem er Vetos gegen die meisten Corona-Schutz-Gesetze einlegte. Darunter die Maskenpflicht und Geldbußen bei Verstößen dagegen.

In Maranhão, dem Bundesstaat, in dem auch unsere Partnerschule CONASA liegt, wird die schulische Situation unterschiedlich gehandhabt. In der Hauptstadt São Luis findet in der Frei-Alberto-Schule schon wieder Präsenzunterricht mit Einzeltischen und Sicherheitsabstand statt. In Bacabal hingegen haben die Schulen noch geschlossen und der Unterricht wird online gehalten. Da aber nicht alle Familien den Zugang zu genügend mobilen Endgeräten haben, ist es einigen Schülern erschwert, am Unterricht teilzunehmen. Über unsere LehrerInnen, Martin Willebrand und Katerina Krey, stehen wir in Kontakt zu unserer Partnerschule und werden über die aktuelle Lage informiert und hoffen, dass die Schüler und Schülerinnen bald wieder normal in die Schule gehen können und sich die Situation in Brasilien nicht weiter verschlechtert.

Foto: Rose Brasil/ABr - Agência Brasil; verfügbar unter:

https://de.wikipedia.org/wiki/Frei_Betto#/media/Datei:Frei_Betto_25385.jpeg

Von: Janne Gerl und Lillifee Schmitt (beide Q1)